Nach persönlich anstrengenden Tagen, der Überarbeitung sowie erneuter Verarbeitung meines Textes, geht es endlich weiter.
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Dann kam der Liquor-Test. Rückenmarksflüssigkeit wird mit einer Kanüle entnommen und auf irgendeinen Titer (Eiweißeinheiten?) geprüft. Ist der über Vier, ist die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung an Multipler Sklerose sehr hoch.
An einer Uni-Klinik gibt es ja eine Menge Mediziner, die noch Arzt werden wollen und ihre Erfahrungen am lebenden Objekt machen müssen. Einige davon traf ich an diesem Tag.
Mir wurde mitgeteilt, dass diese Untersuchung sehr wichtig sei, völlig problemlos, ich danach etwas müde sein würde und viel trinken müsse. Das war es zu meiner Information. Als sie dann kamen, erklärten sie mir den genaueren Ablauf, und weil ich das erste Mal wirklich alleine im Krankenhaus war, auf mich allein gestellt und nicht so recht wusste, wie es mir ging, konnte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht mal ein „Aber“ erwidern. Obwohl ich dreißig Jahre alt war, kurze Zeit vorher noch Abteilungsleiter war, fühlte ich mich klein, verunsichert, hilflos und ausgeliefert.
Es war später Vormittag, das Krankenhauszimmer weiß und sauber. Meine Bettnachbarin und ich hatten Glück einen Balkon zu haben. Das wertete dieses Zimmer ungemein auf. Sie wurde gebeten, draußen zu warten.
Der Stuhl war kalt und aus leicht abwaschbarem Material ich denke Plastik und Metall, ich musste mich umgedreht auf ihn setzen, den Körper nach vorne auf das Bett legen, den Rücken schön krumm machen und entspannen. Es kann schon sein, dass die Einstichstellen lokal betäubt wurden, aber daran kann ich mich nicht mehr erinnern. Doch die Kanüle sehe ich noch heute vor mir. Sie wurden vorher schon bereitgelegt und ich betrachtete die Utensilien mit keinem guten Gefühl.
Die Sache dauerte etwas länger als geplant. Ich hatte hinterher acht Einstiche in meinem unteren Rücken. Beim Ersten ging es irgendwie noch. Das Gefühl eine Nadel ins Kreuz geschoben zu bekommen – ohne Betäubung und bitte ruhig weiteratmen und entspannen – ist eine Sache, wenn man dann spürt, wie der rechte Ischias getroffen wird, eine völlig andere.
Die Personen hinter meinem Rücken wurden abwechselnd mal mehr mal weniger, hektisch wurden die Tücher, um das Blut aufzufangen gewechselt. Diese Nervosität bekam ich genau mit. Ich weiß noch, dass ich sicher war, die Einstiche waren mehr als acht. Aber nur acht konnte man hinterher zählen. Eigentlich sollte es ja auch nur einer werden. Ich hatte das Gefühl es dauerte Stunden. Und immer wieder noch mal entspannen und das atmen nicht vergessen. Leute kamen ins Zimmer, andere gingen und ich saß immer noch auf dem Stuhl. Irgendwann funktionierte es wohl. Dann durfte ich mich wirklich entspannen. Wieder normal hinsetzen und mir das entstandene Chaos ansehen. Mehrere Tücher, Kanülen, Tupfer, und Flaschen mit irgendwelchen Flüssigkeiten lagen auf dem Rollwagen hinter mir. Die Personen waren weniger geworden. Ich wurde gebeten etwas zu trinken und mich hinzulegen.
Stunden später entschuldigte sich der Arzt bei mir. Normalerweise geht das ganz problemlos und dies war eine Ausnahme.
Leider ist mein Körper auch an dieser Stelle nicht so, wie die Schulbücher es vorschreiben. Mit der Nadel wird am Rücken an der Wirbelsäule eingestochen, solange bis auf einen Widerstand getroffen wird. Den überbrückt man mit leichtem Druck, dann kann man die Flüssigkeit laufen lassen. An meiner Wirbelsäule ist aber kein leicht zu überwindender Widerstand. Bei mir ist es hart. Der Arzt hatte Bedenken falsch zu sein und rutschte dann immer seitwärts ab. Das war dann mein Ischias. Viele unentspannte Atemzüge später waren sie fertig. Ich auch. Ich bin das erste Mal in meinem Leben wirklich zusammengebrochen. Ich krümmte mich auf meinem Bett, Richtung Wand zusammen, zog die Decke über mich und weinte einfach nur.
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